Strukturierte Produkte sind Wertpapiere, die ein oder mehrere Basisfinanzprodukte (typischerweise Aktien, Devisen, Rohstoffe, Zinsen, Indizes) und ein derivatives Finanzinstrument / Element in einem neuen Wertpapier bündeln. Eine exakte Definition für den Sammelbegriff der strukturierten Produkte gibt es nicht.
Durch die Kombination der einzelnen Finanzprodukte innerhalb eines neuen Produktes bekommen Investoren Zugang zu neuen Zahlungsströmen, Kursverhalten und Risikoprofilen. Zusätzlich können durch den Einsatz von strukturierten Produkten steuerliche Vorteile und Begünstigungen erzielt werden.
Übersicht zu strukturierten Produkten
In der Vergangenheit haben hauptsächlich institutionellen Anlegern in strukturierte Produkte investiert. Sie meist komplexe Anlageinstrumente deren Einsatz und Handel signifikantes Fachwissen erfordert.
Die grosse Flexibilität von strukturierten Produkten und der Einsatz in Form sehr individueller Anlageprodukte machen strukturierte Produkte in den letzten Jahren auch für Privatinvestoren interessant. So können strukturierte Produkte für Absicherung und für Spekulation eingesetzt werden. Vor Allem stark gesunkenen Kosten für die Emission von strukturierten Produkten haben privaten Investoren den Zugang stark erleichtert.
Strukturierte Produkte werden von Banken als Neuemission zur Zeichnung aufgelegt. Investoren können diese Produkte im sogenannten „Primärmarkt“ bei der Emission direkt beim Emittenten zeichnen.
Danach sind an der Börse notierte strukturierte Produkte im „Sekundärmarkt“ an der Börse handelbar. Der Emittent agiert als „Market Maker“, stellt für alle emittierten Produkte kontinuierlich faire Preise an der Börse.
Alternativ bieten Emittenten für nicht an der Börse notierte Produkte an, dass Investoren mit ihnen im Direkthandel (abseits von der Börse) Transaktionen ausführen.
Basiswert eines strukturierten Produktes ist immer eine Markt-bezogene Referenzgröße. Es kann ein Finanzinstrument oder eine Finanzkennzahl sein bei dem / der sich ein Marktpreis bestimmen lässt.
Es können die folgenden Basiswerte unterschieden werden:
- Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder Indizes
- Zinssätze, Risikoprämien von Schuldnern (Credit Spreads) und andere Erträge wie Dividenden
- Rohstoffe und Edelmetalle
- Währungen
Je nach Produkt kann es einen oder mehrere (Basketprodukte) Basiswerte geben, von denen die Preisentwicklung des strukturierten Produktes abhängt.
Die Kategorien werden von jedem Emittenten anders unterteilt, wir folgen der Unterteilung des SVSP (Schweizer Verband für strukturierte Produkte). Aufgrund von Produktinnovationen ist diese Unterteilung dynamisch und kann sich jederzeit ändern.
- Renditeoptimierungsprodukte: Portfoliorendite Optimierung und Einkommen
- Partizipationsprodukte: Direkte Partizipation an Referenzwerten
- Hebelprodukte und Optionsscheine: Spekulation auf bestimmte Marktbewegungen
- Anlageprodukte mit Referenzschuldner: Partizipation an der Solvenz von Schuldnern
Zusätzliche Informationen zur den Produktkategorien sind beispielsweise auf der Website der Swiss Structured Products Association verfügbar: Link
Die Wiener Boerse ha tauch einen guten Überblick zu den verschiedenen arten verfassr: Link
Fast alle strukturierten Produkte haben eine fixe Laufzeit, nach deren Verfall dem Investor vom Emittenten eine marktabhängige Rückzahlung gemacht wird. Es gibt jedoch auch Zertifikate die keine Laufzeit haben und „endlos“ begeben werden.
Strukturierte Produkte werden in der Regel von Banken als Emittenten begeben. Der Emittent ist für die Dokumentation der Produkte zuständig und muss, falls gewünscht, die Börsennotierung beantragen und sicherstellen.
Nach der Emission agieren die Emittenten auch als "Market Maker" und stellen den Investoren die Handelbarkeit des emittierten Produktes sicher. Er tritt also als Käufer und Verkäufer seiner eigens ausgegebenen Produkte auf.
Strukturierte Produkte ermöglichen dem Investor mittels Hebel (englisch „leverage“) signifikante Investitionen mit geringem Kapitaleinsatz einzugehen. Dafür wird innerhalb der Produkte durch den Einsatz von Derivaten die erwünschte Hebelwirkung erzielt. Dadurch kann ein Vielfaches des eingesetzten Kapitals bewegt werden was zu Gewinnen und Verlusten führen kann.
Nicht alle strukturierten Produkte arbeiten mit Hebel, es existieren auch sehr konservative Produkte deren Ziel zum Beispiel Kapitalschutz bei geringer Rendite ist.
Durch die Kombination verschiedener Basiswerte und dem Einsatz derivativer Finanzinstrumente kann im Prinzip jedes Auszahlungsprofil (den „Payoff“) modelliert werden. So kann sich der Investor (je nach Struktur) auf unterschiedliche Szenarien am Finanzmarkt einrichten und von steigenden, sinkenden oder seitwärts laufenden Finanzmärkten profitieren.
Durch den Einsatz von Derivaten bieten strukturierte Produkte die Möglichkeit, innerhalb eines Produktes mit Hebel zu investieren und nicht lineare Auszahlungsstrukturen zu erlangen. Dadurch können überproportionale Gewinne erzielt werden.
Strukturierte Produkte bieten einfachen Zugang zu
Märkten, die Privatinvestoren nur schwer zugänglich waren. Hierzu zählen beispielsweise Rohstoffe, Aktien und Renten aus Schwellenländern oder Crypto-Währungen.
Banken lassen sich das Strukturieren und die Emission von den Produkten gut bezahlen. Diese Kosten werden bei der Emission innerhalb des Produktes verrechnet und amortisieren sich über die Laufzeit des Produktes - in vielen Fällen nicht besonders transparent und nicht ausreichend dargestellt.
Im Fall einer Notierung an der Börse fallen zusätzliche Kosten an. Vor allem kleinere Emissionen sind sehr kostspielig.
Wie erwähnt, können strukturierte Produkte in ihrer Zusammensetzung, und daraus resultierend, in ihrer Wertentwicklung sehr komplex sein. Sie haben häufig mehrere Basiswerte und derivative Komponenten. Für Investoren ist es dadurch nicht selbstverständlich, das exakte Auszahlungsprofil zu verstehen.
Banken erfordern für den Handel mit strukturierten Produkten bei Kunden sowohl signifikante Erfahrung am als auch Wissen über den Finanzmarkt voraus.
Mittlerweile werden kontinuierlich neue Produkte mit verschiedenartigsten Eigenschaften emittiert. Es existiert keine einheitliche Benennung, jede Bank benutzt unterschiedliche, oft phantasievolle Namen. Zusätzlich sind die Verkaufsprospekte der Produkte häufig nicht für Privatinvestoren geeignet und schwer verständlich.
Ein wichtiger Aspekt ist, dass strukturierte Produkte das mit dem Emittenten verbundene Gegenparteirisiko tragen. Die Rückzahlung am Laufzeitende wird von der heurausgebenden Bank garantiert und ist somit immer von deren Solvenz (Zahlungsfähigkeit) abhängig.
Wie Anleger 2008 bei der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers erfahren mussten, kann bei der Pleite des Emittenten ein Totalverlust erlitten werden. Deshalb ist es wichtig, die Bonität der herausgebenden Bank zu prüfen, oder ein Produkt zu kaufen, bei dem eine Versicherung gegen Insolvenz des Emittenten eingebaut ist.
Bei strukturierten Produkten mit Hebel kann es sehr rasch zu überproportionalen Verlusten und auch zum Totalausfall kommen. Insofern ist ein gutes Verständnis der Struktur und der damit verbundenen Wertentwicklung für Anleger so wichtig.
Bei strukturierten Produkten, die in nicht liquide Anlageinstrumente investieren, kann es für Investoren beim Verkauf zu Liquiditätsrisken kommen. Das passiert, wenn der Emittent die dem strukturierten Produkt zugrunde liegenden Basiswerte nicht liquidieren kann.
Einen Vergleich zwischen strukturierten Produkten und allen anderen Finanzinstrumenten findest du in unserem Blogpost "Finanzinstrumente und wie du sie am Besten einsetzt":
Aktien, Anleihen, Fonds, ETFs, Optionen, Futures, Strukturierte Produkte, Direktanlagen, Kollektivanlagen & Co – finopt erklärt die wichtigsten Finanzinstrumente.
Wenn du mehr zu Derivaten wissen willst, dann solltest du diesen Blogpost ansehen:
finopt erklärt Derivate: Optionen, Futures, Swaps und CFDs: Margin, Mark-to-Market und Hebel